Ein unwirkliches Foto

Manchmal, wenn einen die Erinnerung an die Zeit überkommt, als man noch jung, verliebt und abenteuerlustig war, überkommt einen auch die Idee, wieder einmal in den alten Fotoalben zu blättern. In genauso einer Verfassung war ich an einem Tag im Winter. Das Wetter kalt und regnerisch, also nicht die Lust auf einen Spaziergang oder ähnliches.

Deshalb holte ich diese alten Fotoalben von einem Regal herunter. Zuerst wurde ich mal in eine Staubwolke eingehüllt, so dass ich mehrmals hintereinander niesen musste. Schon lange standen die Alben vergessen im Regal. Das merkte man ganz gut.

Ich suchte mir eines raus, welches zu der Zeit meiner Verliebtheit und vor der Verlobung angelegt wurde. Also schon über ein halbes Jahrhundert auf dem Buckel hatte. Mit meinem damaligen Freund, späteren Verlobten und heutigem Mann war ich in Urlaub gefahren. Etwas das zur damaligen Zeit und in unserem Fall überhaupt nicht selbstverständlich war. Aber da wir ja beabsichtigten, an den Bodensee zu fahren und unser Quartier bei seinem dort lebenden Bruder mit Familie aufzuschlagen, wurde es mir ausnahmsweise von meinen Eltern erlaubt. Zu diesem Zeitpunkt war ich erst 19 Jahre alt und damals war man in diesem Alter noch nicht mündig.

Aber wie gesagt wir wohnten ja bei der Verwandtschaft, so dass man davon ausgehen konnte, es würde nichts passieren zwischen den jungen Menschen. Was leider auch wirklich so war. Wir mussten in verschiedenen Zimmern übernachten. Aber das nur so am Rande.

Da es unser erster gemeinsamer Urlaub war, und es viel Sehenswertes rund um den Bodensee gab, oder vielmehr noch gibt, wollte mein Freund mir natürlich in der kurzen Zeit so viel wie möglich zeigen und vieles erleben mit mir.

Wir fuhren zur Mainau mit seinen wunderschönen Blumenanlagen, wir sahen den Affenberg in Salem mit seinen Berberaffen um anschließend noch zur Storchenaufzuchtanlage zu gehen. Wir fuhren zum bekannten, elitären Internat in Salem, ebenso der Zoo in Zürich wurde besichtigt in der benachbarten Schweiz. Mit dem Schiff befuhren wir den ganzen See bis zur Reichenau, stiegen zwischenzeitlich in Meersburg aus, besichtigten diese wunderschöne Stadt mit einem großen Schloss, um dann wieder zurück nach Konstanz zu fahren, wo wir untergebracht waren. Auch den Pfahlbauten in Unteruhldingen statteten wir einen Besuch ab. Überall wurde fleißig fotografiert um so die Erinnerung an den ersten, gemeinsam verbrachten schönen Urlaub festzuhalten.

Da mein Freund, heutiger Mann damals noch beim Militär und dort als Mechaniker für Flugzeuge tätig war, hatte er natürlich ein großes Interesse am Fliegen und den dazu nötigen Flugzeugen. In Konstanz gibt es einen kleinen Flugplatz, mit dem man Rundflüge über den Bodensee machen konnte, da wollte mein Freund das Praktische mit einer Überraschung krönen. Er dachte er könnte sich dort mal umschauen und mich doch mal mit so einem Rundflug überraschen. Kurz gesagt, ich war sehr überrascht, oder besser gesagt not amused, da ich noch niemals vorher geflogen war und eine irre Angst davor hatte. Aber man ist ja verliebt und möchte seinen Freund nicht enttäuschen, was noch schlimmer wäre sich lächerlich zu machen. Man macht also gute Miene zum bösen Spiel und geht mit.

Der Rundflug war erträglicher als vermutet. Der Bodensee lag spiegelglatt unter uns und das bei wunderschönem Wetter. Einige weiße Wölkchen am Himmel spiegelten sich im See. Bei der Landung sprang mein Freund vor mir aus dem Flugzeug und bat mich, oben beim Ausstieg, stehen zu bleiben. Er wollte fotografieren. So einen denkwürdigen Augenblick musste man mit dem Fotoapparat festhalten. Gesagt getan. Ich stand oben, bis er die Aufnahmen im Kasten hatte.

Tags darauf fuhren wir zurück in unsere Heimat. Dort wollten wir die Fotos entwickeln lassen.

Wie es damals war, musste man ungefähr eine Woche warten, bis man die fertigen Fotos abholen konnte. Sehr aufgeregt schauten wir uns daheim die Fotos an. Sie waren wirklich alle sehr schön gelungen. Aber als wir das Bild ansahen, welches mein Freund von mir beim Ausstieg aus dem Flugzeug gemacht hatte, verschlug es uns den Atem. Ich stand dort oben am Ausstieg, nur in Unterhosen, der Rock den ich an diesem Tag getragen hatte war einfach nicht vorhanden . Wir waren jedenfalls total irritiert. Keiner konnte sich erklären wieso es dazu kommen konnte. Aber eines steht fest, ich hatte damals einen hellblauen Faltenrock und eine schwarz Bluse an. Das Foto klebt heute noch, leider etwas vergilbt, in unserem Fotoalbum.

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